Kronen und Füllungen aus Keramik werden mit Klebern auf Kunststoffbasis in den Zähnen im Mund verklebt. Sind diese Dental Kleber giftig?
"Alle Dinge sind Gift und nichts ohne Gift, allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist.
Paracelsus (1493-1541)
In den letzten Wochen und Monaten wurde in der Tagespresse immer wieder in sehr unsachlicher Weise, die stark an die Amalgamdiskussion erinnert, über angebliche Gesundheitsgefährdungen durch Zahnfüllungsmaterialien auf Kompositbasis berichtet
Schlagzeilen wie "Gefahr aus der Plastikplombe: Forscher wiesen Östrogene nach" oder "Krebsgefahr durch Kunststoffe im Zahn" haben Patienten und Zahnärzte sehr stark verunsichert.
Bei der täglichen Informationsflut über gefährliche Stoffe in Luft, Wasser, Boden, in der Nahrung und der Kleidung, in Arzneimitteln oder auch in Zahnfüllungsmaterialien ist es für den einzelnen sehr schwer nachvollziehbar, ob und wann durch bestimmte Einflüsse und Stoffe eine Gesundheitsgefährdung möglich ist.
Über die tatsächliche Toxizität einer Verbindung entscheidet also u.a. die auftretende Konzentration und in starkem Maße auch die Toxikokinetik mit ihren Teilprozessen Invasion (Resorption und Verteilung) und Evasion (Biotransformation und Ausscheidung).
Moderne Analysemethoden ermöglichen es heute, Stoffkonzentrationen bis in den Nanogrammbereich zu ermitteln. Der pauschale Schluß allein von der Nachweisbarkeit einer Verbindung in geringsten Konzentrationen z.B. in der Nahrung, in Zahnfüllungsmaterialien... auf ihre physiologische Wirkung ist aufgrund o.g. Aussagen nicht möglich.
Prinzipiell ist zu den Befürchtungen, durch Komposits Gesundheitsschäden zu erleiden, aus Sicht der Vivadent Dental GmbH folgendes zu sagen:
Generell werden alle Vivadent-Materialien vor ihrem klinischen Einsatz sehr strengen toxikologischen Prüfungen gemäß EN 30993-1 unterzogen. Dabei handelt es sich u.a. um Tests auf Zytotoxizität, Sensibilisierung, subchronische Toxizität und Mutagenität. Diesen Untersuchungen schließen sich klinisch kontrollierte Prüfungen nach EN 540 unter Überwachung durch eine Ethikkommission an. Erst nachdem all diese Daten vorliegen und den Produkten toxikologische Unbedenklichkeit sowie Funktionsfähigkeit bescheinigen, werden sie auf den Markt gebracht. Langjährige positive klinische Erfahrungen mit Vivadent-Materiation zeigen deren hohen Sicherheitsstandard
Um jedoch zu den aktuell diskutierten Themen wie "Östrogene aus Komposits" und "Formaldehydfreisetzung aus Komposits" verantwortungsvoll und mit konkreten Daten Stellung zu nehmen und den ständigen, regelrechte Materialangst erzeugenden Berichten entgegenwirken zu können, hat Vivadent zusätzlich umfangreiche analytische Untersuchungen an den Komposits Hallomolar und Tetric und am Kompomer Compoglass durchgeführt.
Die Untersuchungen und Ergebnisse sind zusammen mit einer Wertung der vorangegangenen Vorwürfe im folgenden dargestellt.
1. Östrogene Wirkung und Krebsgefahr durch Bisphenol A, freigesetzt aus Komposits
Ausgangspunkt
Ausgangspunkt für die o.g. Schlagzeilen war eine spanische Studie aus der Arbeitsgruppe von Prof. Olea, die untersuchte, ob und wieviel Bisphenol A aus kunststoffbeschichteten Konservondosen in die konservierte Nahrung abgegeben wird. In den Dosen wurden zwischen 4 und 23 Mg Bisphenol A gefunden /1/. Danach wurden auch andere mögliche Bisphenol A-Quellen, darunter Zahnfüllungsmaterialien, untersucht.
Aus der seit 1944 bekannten Tatsache, daß Bisphenol A eine gewisse östrogene Wirkung aufweist und in einem unausgehärteten Fissurenversiegler diese Verbindung gefunden wurde, konstruierte die Laienpresse einen Zusammenhang zwischen Krebsgefahr und Versorgung mit Komposites. Diese aus der Olea-Studie gezogene Schlußfolgerung ist jedoch falsch.
Zunächst muß prinzipiell klargestellt werden, daß Östrogene bzw. Verbindungen mit einer östrogenen Wirkung nicht krebserregend sind. Im Gegenteil: Von der Antibabypille, welche östrogene Substanzen enthält, ist bekannt, daß sie hemmend auf bestimmte Krebsarten wirkt. Es sei außerdem erwähnt, daß jeder Mensch körpereigene Östrogene produziert, Frauen in Abhängigkeit vom Menstruationszyklus zwischen 80 und 320 mg /Tag, Männer ca. 20 – 40 mg /Tag /2/.
Fragestellung
Wenden wir uns nun der Frage zu, wie es möglich ist, daß Bisphenol A aus Komposits freigesetzt werden kann.
In Vivadent-Komposits wird Bisphenol A nicht eingesetzt und konnte nach internen Messungen auch nicht als Verunreinigung des Bis-GMA, das mit Basis-Monomer für die Komposits Tetric und Heliomolar dient, gefunden werden.
Um zu überprüfen, ob eventuell aus den polymerisierten Materialien Tetric, Holiomolar und Compoglass durch den Einfluß des Mundmilieus Bis-GMA hydrolytisch zu Bisphenol A gespalten und freigesetzt werden kann, wurden folgende Untereuchungen durchgeführt.
Untersuchung
Aus den Materialien Tetric, Heliomolar und Compoglass wurden jeweils 4 zylindrische Probekörper mit einem Durchmesser von 20 mm und einer Höhe von 5 mm hergestellt, polymerisiert und schließlichdie inhibierte Schicht entfernt. Die Probenabmessungen wurden so gewählt, daß eine möglichst große Oberfläche für die postulierte Reaktion zur Verfügung steht und, falls die Bis-GMA-Hydrolyse abläuft, meßbare Konzentrationen Bisphenol A entstehen können. Zur Simulation des Mundmilieus wurden wässrige Lösungen, die mit Puffersystemen auf ph=4,2 und ph=7,2 eingestellt wurden, hergestellt und die Proben für 72 h bei 37 °C in diese Lösungen gehängt und leicht geschüttelt.
Danach wurden die Lösungen mit hochauflösender Flüssigchromatographie (HPLC) untersucht. Die Nachweisgrenze für Bisphenol A liegt bei dieser Methode bei 0,1 mg/ml Eluent. Es besteht also die Möglichkeit, in einem ml o.g. Lösung die Winzigkeit von 0,1 mg Bisphenol A aufzuspüren. Zur Verdeutlichung: 1 mg entspricht dem millionsten Teil eines Gramms.
Ergebnis
Es konnte in den Elutionslösungen für Heliomolar, Tetric und Compoglass weder im sauren noch im neutralen Milieu Bisphenol A nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse decken sich mit den Untersuchungen von Herrn Dr. Spaht, der in seiner 1995 fertiggestellten Dissertation "Analyse Zahnmedizinischer Komposits auf extrahierbare Restmonomere und Additive..." /7/ für u.a. das Komposit Heliomolar ebenfalls kein Bisphenol A finden konnte.
Analogieschlüsse auf die Befestigungskomposits Variolink und Dual-Cement sowie auf die Fissurenversiegter Helioseal und Helioseal F sind aufgrund der den o.g. Komposits sehr ähnlichen Monomerzusammensetzungen zulässig.
Schlußfolgerung
Die vermeintliche Bedrohung durch Bisphenol A ist bei Vivadent-Komposits nicht vorhanden, da keine nachweisbaren Anteile aus den Materialien extrahierbar waren. Eine Hydrolyse von Bis-GMA zu Bisphenol A findet nicht statt.
2. Formaldehydfreisetzung aus Komposits
Die in letzter Zeit häufig wiederkehrende Aussage, Komposits setzen Formaldehyd frei, geht überwiegend auf Arbeiten von H. Oysed und Mitarbeiter zurück, die aus Komposits sehr geringe Konzentrationen von ca 0.15 mg/cm2 und 0,5 mg/cm2 Formaldehyd extrahieren konnten /3/./4/. Um festzustellen, ob und in welchem Maße eine solche Formaldehydfreisetzung aus Komposits tatsächlich stattfindet, wurden wiederum die Komposits Tetric und Heliomolar sowie das Kompomer Compoglass untersucht. Die Probenherstellung und -vorbereitung erfolgte analog zur Bisphenol A-Bestimmung. Es wurden analoge Elutionslösungen verwendet und die Proben ebenfalls 72 h bei 37 °C in diesen Lösungen gelagert. Nach dem Entfernen der Proben wurden die Elutionslösungen mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin (DNPH) versetzt. DNPH ist in der Lage, mit Formaldehyd zu reagieren und eine Verbindung zu bilden, die einen quantitativen Nachweis mit HPLC ermöglicht. Dabei können geringste Konzentrationen bis zu einer Nachweisgrenze von 10 ng/cm2 erfaßt werden. Zur Verdeutlichung dieses Wertes: Man stelle sich vor, aus einer Milliarde Menschen 10 bestimmte Personen herauszufinden.
Ergebnis
Für die beiden Komposits und das Kompomer konnte im neutralen Bereich kein Formaldehyd gefunden werden. Im sauren Milieu ergaben sich für alle untersuchten Materialien geringste Konzentrationen von ca. 0,035 mg/cm2.
Schlußfolgerung
Dank der in den Vivadent-Labors zur Verfügung stehenden modernsten Analysentechnik war es möglich, geringste Mengen an Formaldehyd nachzuweisen.
Berücksichtigt man, daß z.B. in einer Scheibe unseres täglichen Nahrungsmittels Brot ca. 185 mg Formaldehyd enthalten, in einer Cola durchschnittlich sogar ca. 2000 m g und in einem Liter Milch ca, 164 mg /5/ Formaldehyd zu finden sind, können die für die Dentalmaterialien ermittelten Werte vernachlässigt worden.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die eingangs getroffene Aussage, "bei sachgemäßer Anwendung der Materialien kann ein Gesundheitsrisiko für Patienten praktisch ausgeschlossen werden", durch die hier vorgestellten Untersuchungen unterstützt wird.
Die Aussage von Prof. Staehle im Deutschen Ärzteblatt /6/ kann nur unterstrichen werden: "Es dürfte inzwischen eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Patienten geben, die weniger durch die Inhaltsstoffe der Dentalmaterialien sondern vielmehr durch die Angst vor diesen Inhaltsstoffen krank geworden sind".
Im Interesse einer optimalen Versorgung der Patienten ist es dringend erforderlich, die Diskussion zum Für und Wider von Dentalmaterialien von der emotionalen Ebene zurück auf die wissenschaftliche Ebene zu verlagern.Für Vivadent bedeutet
wissenschaftliches verantwortungsbewußtes Herangehen an diese Thematik, daß allen auftretenden toxikologischen Fragen zu den Materialien mit fundierten Untersuchungen nachgegangen wird.
Vivadent Dental GmbH, LA. Dr. Monika Reichenbach, Wissenschaftlicher Dienst, Ellwangen, den 09.02.1996