Logo Dr. Kristin Endres MSc Zahnarzt Darmstadt

Sind Komposites giftig

Gefahren durch Komposit-Füllungen?

"Aus Sicht der Wissenschaft ist es derzeit nicht zu vertreten, den Füllungswerkstoff Amalgam zu verbieten. Die aktuelle Forschung zeigt, dass Ersatzmaterialien, zum Beispiel auf Kunststoffbasis, bei weitem nicht alle Indikationen von Amalgamfüllungen abdecken können. Die biologischen Probleme derartiger Kunststoffmaterialien sind weitestgehend ungeklärt und bedürfen deshalb intensiver bio-medizinischer Forschung." Mit diesen Worten wandte sich zu beginn des Jahres 2006 der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Prof. Dr. Georg Meyer, Universität Greifswald, an die deutschen EU-Parlamentarier, um ein drohendes Amalgamverbot abzuwehren. (DZW 12/2006, S. 2). Kaum ausgesprochen, entbrannte sofort eine Diskussion um die Biokompatibilität von Komposit-Kunststoffen, werden doch schließlich Komposit-Kunststoffe in einer Vielzahl von Fällen verwendet. Zum Beispiel als Füllungsmaterialien, Stumpfaufbauwerkstoffe, Fissurenversiegler und Befestigungsmaterial. Hinzu kommen außerdem Hilfsmittel, wie Säuren und Dentinadhäsive, die die Haftung zwischen Kunststoff und Zahn verbessern sollen.

Da Komposit-Kunststoffe eine Reihe von Substanzen enthalten, die als Allergene angesehen werden, besteht prinzipiell die Möglichkeit von allergischen Reaktionen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Monomere Triethylenglykoldimethacrylat (TEGDMA) und Hydroxypropylmethacrylat (HEMA). Dies betrifft jedoch hauptsächlich Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit häufig mit diesen Stoffen in Berührung kommen, zum Beispiel Zahnärzte und Zahntechniker. So zeigte eine Umfrage bei 2208 dänischen Zahnärzten, dass bei 0,7 Prozent der Zahnärzte Kontaktekzeme durch methacrylathaltige Materialien nachgewiesen werden konnten. Die Gesamtzahl wird aufgrund der von den Zahnärzten angegebenen Symptome auf etwa zwei Prozent geschätzt (Munksgaard, E. C. et al. Self-reported occupational dermatological reactions among Danish Dentists. Eur J Oral Sci 104, 396-402), wobei andere Autoren von höheren Werten ausgehen.

„Diese Ergebnisse machen deutlich, dass Komposit-Kunststoffe (mit Dentinadhäsiven) eine hohe allergene Potenz besitzen. Auch bei Patienten wurden kontaktallergische Reaktionen in Zusammenhang mit Komposit-Kunststoffen beschrieben.“ (Schmalz, G. et al.: Biokompatibilität von Kompositen. Zahnärztliche Mitteilungen (96) 2006, S. 34-42). Schmalz empfiehlt daher, Patienten mit dem klinisch begründeten Verdacht einer Allergie durch einen Patch-Test auf eventuelle Allergien gegen Komposit-Kunststoffe zu testen. Eine vorbeugende Allergie-Testung wird jedoch abgelehnt, da es durch den Test zu einer Sensibilisierung einer bislang nicht sensibilisierten Person kommen kann.

Aus derzeitiger Sicht gibt es somit keine Grundlage, die gegen eine Verwendung von Kompositen (Ausnahme: nachgewiesene Allergien gegen Komposit-Bestandteile) sprechen. Es ist aber Prof. H. J. Staehle, Universität Heidelberg, zuzustimmen, der bei Kompositen „aus wissenschaftlicher Sicht nach wie vor ein hohes Weiterentwicklungspotential bezüglich der Biokompatibilität sieht (Staehle, H. J.: Keine Angst vor zahnärztlichen Materialien. Zahnärztliche Mitteilungen (96) 2006, S. 212-213). Ähnlich äußert sich Prof. Georg Meyer, Greifswald, der in der Zeitschrift  "ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt" (3/2006, S. 68) vor einer aufkommenden Kunststoffangst warnt, gleichwohl aber Forschungsbedarf sieht: "Ganz offensichtlich besteht (...) wissenschaftlicher Handlungsbedarf: antibakterielle Eigenschaften (zahn-)medizinischer Materialien müssen hinterfragt und ggf. verbessert werden; (...); das allergisierende Potenzial von Kompositen muss minimiert werden. (...) International publizierte Studien, die eine geringere Fruchtbarkeit (Fertilität) bei Mäusen fanden, denen Bestandteile von Kompositfüllungen mit der Nahrung verabreicht wurden, sollten hinsichtlich ernsthafter ableitbarer klinischer Konsequenzen überprüft werden."

Nach dem derzeitigem Stand der Wissenschaft ist es also verfrüht, bei Kompositen als eine verträglichere Amalgamalternative zu bezeichnen. Eine Zunahme der Allergien gegen diese Kunststoffe durch die Verdrängung des Amalgams ist zu erwarten (Brehler et al. 1993).


Zahnschmerzen und Aufbissempfindlichkeit nach Legen der Komposit-Füllung

Patienten berichten immer wieder über Schmerzen beim Beißen harter Speisen (Aufbissempfindlichkeit) nach dem Legen von Komposit-Füllungen. So finden sich in einem Internet-Forum alleine 26 Einträge (Stand: 01.06.2007) zu Schmerzen, die nach dem Füllen von Zähnen mit Komposit-Material auftraten. Ähnliche Angaben finden sich bei Schmalz und Arenholt-Bindslev (2005), die ebenfalls über Beschwerden nach dem Legen von Kunststoff-Füllungen berichten. Bei der Untersuchung sind die Zähne röntgenologisch einwandfrei, reagieren normal auf Kältereize und zeigen keine Klopfempfindlichkeit (Perkussionsempfindlichkeit). Während Druck auf den Zahn nicht schmerzhaft ist, führt Druck auf die neue Zahnfüllung zu Schmerzen. Diese Beschwerden sind nicht abhängig von der Füllungsgröße. Häufig gehen sie nach einigen Tagen zurück. In einer nicht unbeträchtlichen Zahl - bis zu fünf Prozent der gelegten Füllungen - sind sie Grund für eine Erneuerung der Füllung (Schmalz et al. 2006).

Diese Schmerzen können eine Begleiterscheinung der Säureätztechnik sein, zum Beispiel durch zu lange Ätz-Zeiten (Frankenberger 2006), die zu einer Aufbissempfindlichkeit des betreffenden Zahnes und einer nachfolgenden Entzündung des Zahnners (Pulpa) führen. Es kommt zu einer Kälteempfindlichkeit. Die Schmerzen scheinen seltener aufzutreten, wenn unter die Kunststoff-Füllung eine Unterfüllung gelegt wird, und man nach dem Absprühen des Ätzgels und Trocknen des Zahns mit einem Pinsel etwas Wasser in das Dentin einmassiert (dens 2/2002, DGZMK Stellungnahme 10/1998).

Literatur:
Al-Hiyasat, A.S., Darmani, H., Elbetieha, A. M.: Leached components from dental composites and their effects on fertility of female mice. Eur J Oral Sci 112 (3): 267-272. (Zusammenfassung, englisch).
Brehler, R., Panzer, B., Forck, G., Bertram, H. P.: Quecksilbersensibilisierung bei Amalgamfüllungen. DMW 118 (13): 451-456.
dens 2/2002: Komposite: Ästhetisch ansprechend - Initiative Praxiserfolg 200X. (Volltext)Frankenberger, R.: Bonding 2006 - Zeitersparnis versus Langzeiterfolg. Quintessenz 2006 (5): 485-495. (Zusammenfassung).
Heidemann, D.: Amalgamfreie Füllungstherapie. Urban & Fischer, München (2001): 76-79.
Keller, G., Willershausen, B., Ernst, C. P., Vrana, S.: Überprüfung von drei Komposit-Materialien auf ihren extrahierbaren Restmonomergehalt mittels HPCL-Methode. Acta Med Dent Helv 1999 (4): 68-74. (Volltext).
Schmalz, G., Geurtsen, W., Arenholt-Bindslev, D.: Die Biokompatibilität von Komposit-Kunststoffen. Zahnärztl. Mitteilungen 2006 (3): 34-42. (Volltext).
Schmalz, G.: Komposit-Kunststoffe. In: Schmalz, G., Arenholt-Bindslev, D.: Biokompatibilität zahnärztlicher Werkstoffe. Urban & Fischer, München (2005): 116-117.
Wiegand, A., Caspar, C., Becker, K., Werner, C., Attin, Th.: In-vitro-Untersuchung zur Zytotoxizität von Self-Etch-Adhäsivsystemen. Schweiz. Monatschr. Zahnmed. 2006 (6): 614-621. (Volltext).

Stellungnahme der Vivadent Dental GmbH zum Thema TEGDMA-Freisetzung aus Komposits

In den letzten Tagen wurden erneut in sehr vielen Tageszeitungen Deutschlands pauschale Vorwürfe bezüglich der Toxizität von Komposits erhoben. Die Diskussion um das in Dentalmaterialien verwendete Monomer Bis-GMA liegt noch nicht allzu lange zurück, schon ist ein weiteres mit langjährigen Erfahrungen in Komposits eingesetztes Monomer, TEGDMA, Gegenstand massiver Vorwürfe.

Die Tagespresse hat unter Ãœberschriften wie:

"Durch Kunststoffe Zellgifte an Zähnen" Neue Osnabrücker Zeitung 25.05.96

"Auch Ersatz von Amalgam ist hochgiftig" Die Welt am Sonntag Nr. 2 1, S. 105

"Freigesetze Zellgifte entzünden den Zahnnerv" Schwäbische Zeitung vom 25.05.96

die Angst der Patienten vor einer restaurativen Versorgung der Zähne erneut geschürt.

Prinzipiell ist zu den Befürchtungen, durch Komposits Gesundheitsschäden zu erleiden, aus Sicht der Vivadent Dental GmbH folgendes zu sagen:

Generell werden alle Vivadent-Materialien vor ihrem klinischen Einsatz sehr strengen toxikologischen Prüfungen gemäß EN 30993-1 unterzogen. Dabei handelt es sich u. a. um Tests auf Zytotoxizität, Sensibilisierung, subchronische Toxizität und Mutagenität. Diesen Untersuchungen schließen sich klinisch kontrollierte Prüfungen nach EN 540 unter Überwachung durch eine Ethikkommission an. Erst nachdem all diese Daten vorliegen und den Produkten toxikologische Unbedenklichkeit sowie Funktionsfähigkeit bescheinigen, werden sie auf den Markt gebracht. Langjährige positive klinische Erfahrungen mit Vivadent-Materialien zeigen deren hohen Sicherheitsstandard.

Die Tatsache, daß aus Komposits Restmonomere austreten, ist seit langem bekannt. Bei einer guten Lichthärtung der Komposits nach Herstellerangaben sind nur noch sehr wenige Restmonemere (viel weniger als ein Tausendstel Gramm pro Füllung) vorhanden. Die angeführten Untersuchungen der Komposits vor Markteinführung berücksichtigen auch das eventuelle toxische Potential dieser Restmonomeren.

Die Vivadent- Materialien, die TEGDMA enthalten (z.B. Compoglass, Tetric, Variolink) erwiesen sich in den durchgeführten Zytotoxitzitätstest als nicht zelltoxisch.

Die aktuellen Vorwürfe, Komposits können durch eine starke Freisetzung des Monomers TEGDMA die Pulpa schädigen, beruhen auf einer großteils falschen, unwissenschaftlichen Interpretation der im Institut für organische Chemie der Universität zu Köln von Herrn Dr. Spahl angefertigten Dissertation.

Bei dieser sehr interessanten und fundierten Arbeit, die Vivadent vollständig vorliegt, handelt es sich ausschließlich um chemisch-analytische Messungen, Es wurden keinerlei In vivoUntersuchungen durchgeführt.

Zielstellung von Herrn Dr. Spahl war es, Komposits bezüglich extrahierbarer Restmonomere und Additive qualitativ und quantitativ zu untersuchen. Daraus sollten dann Rückschlüsse auf das unterschiedliche Polymerisations- und Extraktionsverhalten der nachgewiesenen Substanzen gezogen werden.

Im Ergebnis dieser Untersuchung zeigte sich, daß die verschiedenen in Komposits verwendeten Monomere nach der Polymerisation in unterschiedlichem Maße aus den einzelnen Produkten herauslösbar und nachweisbar waren,

Dabei sind relativ kleine und damit bewegliche Vernetzermonomere, wie z.B. TEGDMA besser extrahierbar als große, sperrige Monomere, wie z.B. Bis-GMA oder UEDMA. Die Konzentrationen an herauslösbaren Restmonomeren wurden schließlich mit aus der Literatur bekannten ED 50 -Daten in Beziehung gesetzt (ED 50 = Effektive Dosis für 50 %igen Zelltod). Für das Monomer TEGDMA wurde bei einigen untersuchten Produkten eine Überschreitung des ED 50-Wertes für Pulpazellen gefunden.

Die angegebenen ED 50-Werte werden im In vitro-Experiment an kultivierten Säugetierzellen bestimmt. Aus solchen In vitro-Untersuchungen an Zellkulturen lassen sich nur sehr bedingt Rückschlüsse auf das tatsächliche klinische Verhalten von Materialien ziehen.

In diesen Tests kann nicht berücksichtigt werden, daß die Pulpa ein sehr gut durchblutetes Organ ist. Auch wenn Stoffe, die zelltoxisch oder reizend sind, in Kontakt mit der Pulpa kommen, führt die gute Durchblutung in der Regel zu einer Regeneration der Pulpa. Dies wurde mehrfach in histologischen Untersuchungen nachgewiesen. Die toxischen bzw. reizenden Stoffe werden dabei nicht in der Pulpa akkumuliert, sondern stark verdünnt und schließlich ausgeschwemmt.

Aus dem Vergleich zwischen den Ergebnissen der Restmonomerbestimmung und den ED 50Werten für TEGDMA stellte Herr Dr. Spahl die Überlegung an, daß Zitat: "negative Folgen für den Zahnnerv nicht auszuschließen sind".

Es wurden jedoch keine solchen, wie in der Presse verbreiteten Aussagen getroffen, wie z.B. Zitat Neue Osnabrücker Zeitung vorn 25.5.96: "Es entstehen dann Entzündungen, die direkt durch TEGDMA verursacht sind." Solche Aussagen sind aufgrund einer rein chemisch-analytischen Untersuchung auch nicht möglich.

Die in den verschiedenen Zeitungen genannten angeblichen Empfehlungen von Herrn Dr. Spahl an Zahnärzte und Patienten, sich genau nach den Zusammensetzungen der Komposits zu erkundigen und TEGDMA-haltige Produkte zu meiden, ist an keiner Stelle der Arbeit zu finden.

Eine solche Empfehlung ist auch nicht sinnvoll, da wie beschrieben, die ermittelten Labordaten nicht unbedingt mit dem klinischen Verhalten der Materialien korrelieren. Für die Biokompatibilität eines Materials ist es außerdem nicht entscheidend, welche Komponenten eingesetzt werden, sondern in welchem Maße sie aus dem ausgehärteten Material extrahiert werden können.

Aus der Dissertation von Herrn Dr. Spahl geht deutlich hervor, daß alleine aus der Monomerzusammensetzung der Komposits nicht auf die Restmonomergehalte bzw. speziell auf die Gehalte an freigesetztem TEGDMA zu schließen ist.

Die Konzentrationen an nicht polymerisierten Monomeren sind u. a. abhängig von Art und Konzentration der eingesetzten Initiatoren, von den Kopolimerisationsparametern der verwendeten Monomere, von eventuellen polymerisationsinhibierenden Effekten durch anorganische Füllstoffe etc. So wurde in der Arbeit von Herrn Dr. Spahl festgestellt, daß hohe Initiatorkonzentrationen zu geringeren Restmonomergehalten führen, so daß auch manche Komposits mit hohen TEGDMA-Anteilen nur sehr geringe Mengen an Rest-TEGDMA freisetzen.

Wesentlichen Einfluß auf die Konzentration an nicht polymeristerten Monomeren hat insbesondere die Lichthärtung der Materialien. Durch ausreichende Belichtungszeiten, adäquate Kompositschichtdicken sowie den Einsatz optimal funktionierender Lichtgeräte wird die Möglichkeit der Restmonomerfreisetzung stark minimiert.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß bei sachgemäßer Anwendung von Kompositmaterialien nach den bisherigen hauseigenen Erfahrungen mit Vivadent- Produkten bzw. nach den aus der Literatur bekannten Daten kein unakzeptables Risiko bei der Verwendung TEGDMA-haltiger Komposits besteht.

Zur sachgemäßen Anwendung der Komposits gehört dabei ebenfalls die Verwendung von Adhäsivsystemen, um Randundichtigkeiten der Füllungen zu vermeiden sowie der allseits bekannte und in den Gebrauchsinformationen der Vivadent-Komposits stets erwähnte Einsatz von Unterfüllungen in sehr tiefen Kavitäten.

VIVADENT DENTAL GmBH, i.A. : Dr.Monika Reichenbach, Wissenschaftlicher Dienst, Ellwangen, 11. Juni 1996